Advent, Advent ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier; dann steht das Christkind vor der Tür…
Mit dem ersten Adventsonntag, Ende November oder Anfang Dezember, beginnt die Adventzeit in jedem Jahr. Vier Sonntage vor Weihnachten, wird in unserem christlichen Kulturkreis diese Zeit traditionell gefeiert. Wöchentlich wird eine Kerze mehr entzündet, bis alle vier in vollem Lichte leuchten. Dazu werden Weihnachtskekse gebacken und gegessen, besinnliche Musik gespielt oder gehört und wir Menschen stimmen uns ein auf das Weihnachtsfest, die Geburt Christi.
Aber das war nicht immer so, denn schaut man noch etwas weiter zurück, so findet man eine vorweihnachtliche Fastenzeit, die sich von Anfang November bis zur Erscheinung des Herren am 6. Januar erstreckte.
Gehen wir noch weiter zurück, in die vorchristliche Zeit, zum Kern der heutigen Tradition, so finden wir die Wintersonnenwende, sowie die WeihNacht, als geweihte Nacht gefeiert, nach julianischem Kalender am 25. Dezember. Heute wird die Wintersonnenwende am 21. Dezember, als der Beginn der Rauhnächte, 12 Stück an der Zahl, bis zum 6. Januar benannt. In manchen Quellen wird ab dem 25. Dezember gezählt, andere lassen die Sonn- und Feiertage aus, um die 12 Nächte über die dunkle Zeit zu verteilen. Wie dem auch sei, die geweihte Nacht, ist eine heilige Nacht, die längste Nacht des Jahres, das Dunkel hat seine größte Ausbreitung erreicht. Es ist die Nacht der Wende, die Nacht der Rückkehr des Lichtes. Kerzen zeugen von dieser Tradition. Der immergrüne Baum, ist Symbol für das ewige Leben, welches durch diese Dunkelheit hindurch sein Grün erhält und uns Mut und Hoffnung spendet. Wir ehren diese Bäume, indem wir sie reich schmücken, mit Schokokringel, Äpfeln, Kerzen, und bunten Kugeln. Diese Tradition ist viel älter als das heutige Christenfest. Sie ist sehr eng mit Mutter Natur verbunden, mit der Achtung und Heiligung der Rhythmen und Zyklen in die wir als Menschen eingebettet sind. Zu keiner Zeit sind die Grenzen zwischen den Welten des Diesseits und des Jenseits so dünn wie um die geweihte Nacht. Rückzug in die Wärme der Behausung, Rückzug an das Feuer im Kamin, Fasten und die Suche nach dem niemals erlöschenden inneren Licht, das sind die Werte dieser Zeit.
In den Vorzeiten wurde der Julkranz geschmückt, mit immergrünen Zweigen. Die vier Kerzen stehen für die vier Elemente und die vier Jahreszeiten. Im Gegensatz zum heutigen Ritual wurden früher am ersten Tag alle vier Kerzen entzündet und je näher man der längsten Nacht kam, umso weniger Kerzen brannten. Erst vier, dann drei, dann zwei, dann eine und zuletzt kam die Dunkelheit.
Wenn die dunkle Einsamkeit sich über unserer Seele ausbreitet, dann ist die Gelegenheit da, den inneren Funken, das ewig Göttliche in uns oder auch die Geburt Christi in uns selbst zu erfahren. Der Tod und die Wiedergeburt des Sonnengottes ist die Urweisheit all dieser Riten rund um die dunkelsten Nächte des Jahres. Aus diesem tief gefundenen Erleben, erwachsen die Weisheit und die Kraft für den neuen Zyklus des kommenden Jahres. Todes- Geburt- und Fruchtbarkeitsriten, verbinden sich an diesem Punkt in Raum und Zeit und lassen uns die Essenz der Zeitqualität des Sonnenkults erleben. Die Verbindung über die Rauhnächte, hin zu unseren Ahnen ist dabei das Wurzelgeflecht auf dem die Erfahrung aufbaut, der Nährboden, die Ahnung, das ewige Licht zu erblicken. Es ist eine unsichere Zeit, voller Zweifel, Chaos, aber auch Hoffnung und Liebe.
Das ewige Licht, die Unsterblichkeit des Bewusstseins, als Erfahrung unserer eigenen Unsterblichkeit ist Sinn der Verehrung der Wintersonnenwende sowie der Tage der geheiligten Nächte. BeSinnung als Weg zu Liebe und Erkenntnis der Verbundenheit mit den Rhythmen der Natur und dem Kosmos.
So zünden wir heute das Licht und machen uns auf den Weg zu uns selbst, dem inneren Licht der Liebe und der Weisheit.
Und haben wir es gefunden, so wird gefeiert. Große Feuer, die Julfeuer werden entzündet, der Julkranz geht im Julfeuer in Flammen auf. Er wird geopfert, im Wissen um die Wiedergeburt und die Ewigkeit des Lebens. Brennende Räder rollen die Berge hinab ins Tal, die Dunkelheit ist verbannt, die Kraft der Erneuerung tritt an Stelle der Einsamkeit und wir essen zusammen, geben uns Geschenke und gute Wünsche für das neue Jahr. Am Tisch werden Gedecke für die Ahnen aufgestellt, damit sie bei der Feier der Rückkehr des Lichtes dabei sein können. Opfergaben werden präsentiert. Ein großes gemeinsames glückliches Fest. Das Rad dreht sich weiter! Der Tiefpunkt ist überschritten, das alte Julfest wird gefeiert.
Es ist auch die LOSzeit. Orakel geben Auskunft über das kommende Jahr. Wettervorhersagen sowie Prophezeiungen für die nächsten 12 Monate haben allerorts Bestand. Die Träume sollen uns Hinweise geben und wegführend sein. Die Arbeit ruht, die Menschen finden in ihrer Familie zu einander. Versprechen werden gegeben, früher verbindlicher als heute.
Lassen wir uns führen durch diese kommenden Zeiten, verlassen wir uns auf unsere Ahnen (Ahnungen) und unserer Traditionen. Gerade heute in einer Zeit der Entfremdung ist die Rückbesinnung auf tiefere Werte wichtiger denn je. Beschränkung auf das Wesentliche, Abkehr von übermäßigem Konsum und Hinwendung zu zwischenmenschlichen Beziehungen und das Aufleben von Zusammenhalt und Mitgefühl für unsere Nächsten, unsere Sippe unsere Familie und für all die Menschen, die allein sind in diesen dunklen Zeiten, ist NOTwendig und zeichnet uns als Menschen aus.
Eine besinnliche Adventzeit wünscht Ihnen allen
Ines Sperling