Hilfen beim Sterbeprozess

Eine psychologisch spirituelle Sterbevorbereitung

Begleitung während des Sterbens begrenzt sich heute auf die Schmerzlinderung durch Morphium und die Atemerleichterung, ggf. durch Sauerstoffzufuhr bzw. durch Sedativa und Morphium. Damit versucht man den Menschen die Angst vor dem Sterben zu nehmen. Das ist sicher sinnvoll und notwendig, aber in keinem Falle ausreichend. Denn der Mensch besteht nicht nur aus Körper sondern eben auch aus Seele/Psyche und Geist. Eine medikamentöse Schmerzbeseitigung, die durch eine schwere Krankheit entstanden ist, geht zu Lasten der Klarheit des Geistes.

Aber was ist mit der psychologischen Begleitung und /oder auch der spirituellen? Kein Moment des Lebens ist näher an dem Punkt zur Spiritualität als der Tod. Denn spätestens hier, kommt auch dem dickköpfigsten Atheisten die Frage nach dem „… und was kommt jetzt…“ in den Sinn, ob er es dann auch aussprechen mag oder nicht. Mit dem Nahen des letzten Augenblicks, im wahrsten Sinne des Wortes, werden wir uns oft bewusst, dass wir zwar Vorsorge im Organisatorischen und zum körperlichen Wohlbefinden getroffen haben, in dem wir Tabletten oder Medizin im Schrank häuften, Patientenverfügungen und Bestattungsverträge abschlossen, aber ansonsten keine Vorkehrungen, um uns dieses Ereignis zu erleichtern, vielleicht sogar, ich wage es sogar auszusprechen, es zu genießen. Dieses Ereignis zu genießen scheint ein so großer Tabubruch zu sein, dass es für uns moderne Menschen nicht im Geringsten vorstellbar ist.

Das Loslassen, von all dem was wir hier um uns haben, seien es materielle Dinge oder auch immaterielle Dinge (soziale Beziehungen, Familie u.v.a.m.), ist uns so unvorstellbar, da es keine Alternative dafür gibt. (siehe Artikel vom großen NICHTS). Die Negierung aller anderen Zustände außer der materiellen Welt hat uns in dieses Dilemma versetzt. Trotzdem erlauben wir uns Gefühle, Gedanken und Bewusstsein zu haben. Diese werden aber dem Körper untergeordnet, ihm anhängig definiert und mit dessen Untergang ausgelöscht. Deshalb bleibt das NICHTS.

Doch die Seele/Psyche in uns erkennt diese Lüge, je näher der Tod auf uns zukommt. In Gesprächen mit sterbenden Menschen habe ich immer wieder erlebt, wie verstorbene Verwandte ersehnt, vielleicht sogar gesichtet werden, wie Fragen nach dem Jenseits auftauchen, Umzugsvisionen im Halbschlaf in paradiesische Sphären usw. und aus Atheisten wenigstens Agnostiker werden. Es ist zwar niemals zu spät für solch eine Erkenntnis, aber vielleicht für eine gelungene psychologische und spirituelle Vorsorge. Denn schaut man sich z.B. im asiatischen Raum um, so bereiten sich Menschen dort mit langjährigen Meditationen auf das große Finale vor. Phowa nennst sich solch eine Meditation, die das Ziel hat, den Übergang so bewusst wie möglich zu erleben und Ängste abzubauen, die Illusion dieser materiellen Welt zu erkennen.

Ableitend von den Erfahrungen anderer Kulturen möchte ich gern ein paar Anregungen geben, die am Ende des Lebens einen Übergang erleichtern können und so das für uns so furchtbare Ereignis zu einem vielleicht erträglichen oder auch zu einem erwartungsfrohen Ereignis werden zu lassen. Diese Informationen werden fortschreitend ergänzt und erweitert.

  1. Ordnung ist das halbe Leben
    und am Ende dann auch erleichternd und beruhigend, wenn die Dinge geordnet sind, Prozesse abgeschlossen und offene Geschichten vielleicht beendet werden konnten.
    Dieser erste Punkt ist kein unmittelbar vor dem Tode realisierbares Projekt, sondern eines welches sich ab der Lebensmitte einstellt. Durch zunehmende Informationen über das Versterben von Bekannten, weitläufigen Freunden oder nahen Angehörigen, erkennt man an irgendeiner Stelle des Lebens, dass es Zeit wird, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Folge dieser Auseinandersetzung kann ein Gefühl von gewünschter Ordnung.
    Manche Menschen beginnen, den Tag vor dem Schlafengehen bewusst zu beenden, mit einem kleinen Ritual. Eine gedankliche Zusammenfassung der Tagesereignisse, eine eigene moralische Bewertung der persönlichen Handlungen und ein daraus gezogenes Resümee sind Anfänge, dem Leben eine willentliche Struktur zu geben. Tagesaktionen bewusst zu beschließen und Gedanken vor dem Schlafengehen loszulassen sind dabei Übungen. Solche Routinen helfen die Bewusstheit für das Loslassen zu schärfen und einen gelasseneren Umgang mit dem Tod zu finden. (konkrete Übungen finden Sie in folgenden Artikeln).
  2. Loslassen und Abschied üben
    Neben der täglichen Tagesroutine am Abend ist es auch möglich über den Tag verteilt, Abschiede zu trainieren und Kontrolle abzugeben. Das bedeutet auch Vertrauen zu üben.
    Dies ist eines der wichtigsten Bausteine einer psychologisch /spirituellen Sterbevorbereitung. Gehen Menschen auseinander ohne einen konkreten folgendenTermin für ein erneutes Treffen zu verabreden, schleicht sich schnell ein unbehagliches Gefühl ein. Dieses Gefühl ist ein Indikator für das eigene Kontrollbedürfnis. Nichts soll dem Zufall überlassen werden. „Treffen wir uns heute Abend 18.00 Uhr im Restaurant?“ Das ist sicher, planbar, konkret. So sind wir, so ist unser Tagesrhythmus. Getaktet durch uns. So ist nicht der Tod. Er ist nicht planbar, jedoch sicher. Was wäre wenn wir uns früh verabschieden und es offen lassen, wann und wo wir uns wieder sehen? Würden wir uns dann mehr freuen? Oder würde uns diese Ungewissheit zerreißen. Ich kenne viele Menschen, die ständig Lebenszeichen von ihren Angehörigen brauchen, dank der modernen Technik bis zu mehrmals am Tag. Das ist nichts Schlimmes, nur verhindert es, mit unserem Vertrauen in Kontakt zu kommen bzw. davor mit unserer Kontrollmacke ;).
  3. Biografisches am roten Faden auffädeln
    Ein Lebensrückblick so wie er der Nahtoderfahrung zugesprochen wird, braucht nicht bis zu diesem Moment zu warten. Anlässe für Lebensrückblicke, so wie Tagesrückblicke oder Wochenrückblicke oder Jahresrückblicke gibt es genug. Bleibt man dabei nicht in der gedanklichen Auseinandersetzung im Außen, sondern setzt man sich zu den Ereignissen selbst in Beziehung mit seinen eigenen Gefühlen, Gedanken und Einstellungen, so ist man ständig bewusst und up to date. Auch am Lebensende ist solch ein Rückblick sinnvoll, um das eigene Leben besser in seiner Ganzheit zu verstehen. Hat man dabei einen Gesprächspartner, der vielleicht aus seiner Sicht Zusammenhänge erkennt und Verbindungen sieht, dann kann das Verständnis und die Einsicht in ein eigenes persönliches und ganz individuelles Leben erkannt werden. Die Lebensaufgabe und der Sinn können beurteilt und eingeschätzt werden.
  4. Die Vision
    Aus Punkt 3 ergeben sich Konsequenzen für eine spirituelle Sterbebegleitung. In vielen Kulturen geht man von einem ewigen Leben aus. Der Tod ist nur ein Übergang von einem geistigen Zustand in einen anderen. Die letzte Inkarnation (Fleischwerdung) hat mit der jetzigen zu tun und die jetzige Inkarnation hat einen Einfluss auf eine potentiell spätere. Dadurch ist die Lebensrückschau, der biografische Faden von hoher Bedeutung. Aus der eigenen Bewertung des aktuellen Lebens leitet sich ggf. eine zukünftige Inkarnation ab. Im weitesten Sinne wird dies als Karma bezeichnet. Die eigenen Folgerungen aus dem Lebensrückblick führen zu einem Verständnis meiner persönlichen Beziehung zur Welt. Was habe ich gut gemacht? Was habe ich nicht gut gemacht. Diese moralische Einschätzung obliegt einzig und allein mir selbst und wenn sie sehr ehrlich durchgeführt wurde, erscheint ein einzigartiger Blick auf mein gesamtes Leben.
    Gleichzeitig wird aber auch eine Perspektive in die Zukunft geöffnet. Denn all die Dinge, die du als unzulänglich in dir selbst erkannt hast, sind der Urgrund für die neue Inkarnation. Eine sich daraus im positiven formende Vision für ein neues Leben weckt immense spirituelle Kräfte in uns. Diese Vision einer „besseren“ subjektive Welt, die wir selbst gestalten können durch unseren Neuanfang in ein neues Leben, ist eine Grundidee der spirituellen Vorbereitung auf den eigenen Tod. Über diese Vision zu meditieren und diese fest in unseren Gedanken einzubinden und während des Sterbens in froher Erwartung festzuhalten, kann eine immense Erleichterung sein.
  5. Die Verbindung mit dem Göttlichen
    Es hat sich in anderen Kulturen bewährt die Konzentration in der Verbindung mit dem Göttlichen während des Sterbevorgangs zu halten. Dies wird über viele Jahre geübt und trainiert. Viele Menschen in unseren Breiten sind ebenso religiös oder spirituell angebunden. Doch meist ist die gedankliche Verbindung zu Jesus Christus oder einem Gott nicht so fest verankert, dass sie in den Stürmen des Sterbens leicht abrufbar ist. Eine Übung auf diesem Gebiet ist sicher vorteilhaft und als Vorbereitung angebracht.
  6. Sich von Naturwesen begleiten lassen
    Menschen haben unterschiedliche Beziehungen und Verbindungen zu spirituellen Wesen. Das was für den Einen der Schöpfergott ist, ist vielleicht für den Anderen eine belebte und beseelte Gaja oder auch Wesenheiten von Pflanzen. Die Konzentration auf einen Pflanzenduft, mit dem der Raum gefüllt wird, zusammen mit einer spirituell imaginären Verbildlichung der Pflanzendeva kann dem Sterbenden eine echte Hilfe beim Übergang sein.
  7. Schöne Erinnerungen
    Auch die Konzentration auf wunderbare glückliche Erlebnisse, speziell auf ein konkretes aus dem Leben des Sterbenden ist für die gedankliche Ausrichtung während des Sterbeprozesses hilfreich. So können Glücksmomente wie die Geburt eines Kindes oder das Erreichen eines lang ersehnten Wunsches den emotionalen Zustand beim Sterben positiv beeinflussen. Ziel dabei ist es dem natürlichen Vorgang des subjektiven Sterbens gelassen gegenüber zu treten und sich in diesen Prozess hinein zu entspannen. Dabei ist in vielen Fällen der automatisch einsetzende Lebenswille, der Überlebensinstinkt ein Hindernis, denn ist dieser stark, so kann dies zu Schwierigkeiten kommen. Nichts desto trotz gibt es mehrfache Hinweise auf die Möglichkeiten den Tod in einem gewissen Rahmen zu beeinflussen (siehe Artikel Psychogener Tod).

Wichtig bei all diesen Konzentrationen ist es, den Geist an positive Gedanken zu binden. Das scheint nachvollziehbar und sinnvoll, aber in der Praxis nicht so ohne weiteres durchführbar. Die Erlebnisse während des Sterbens, sind uns ungewohnt und fremd. Wie haben Wahrnehmungen und ggf. körperliche Sensation, die wir vorher so nicht erlebt haben. Dadurch kann es zu Unruhe und Ängsten während des Prozesses des Austritts der Seele aus dem Körper kommen. Dazu muss man aber immer bedenken, dass dieser Vorgang der natürlichste der Welt ist, wie die Geburt auch. Der Unterschied ist die Bewusstheit. Wer kann sich an die eigene Geburt erinnern? Wahrscheinlich die aller wenigsten ;). Aber viele, die meisten erleben das Sterben bis zu einem bestimmten Punkt sehr bewusst. Die Natur hat genau dies so eingerichtet. Wieso? Ich weiß es nicht, denke aber, dass daran nichts falsch sein kann. Die Wissenschaft glaubt so vieles zu wissen. Doch genau das tut sie nicht. Ihr Wissen ist stückhaft analytisch. Den ganzen Zusammenhang hat sie nicht im Blick. Vertrauen ist deshalb angesagt in die Kräfte der Natur und in die unserer Seele.

 

Denn folgt man den Erfahrungen und Aufzeichnungen alter Kulturen so bleibt der Geist auch nachtodlich vorerst in dem emotionalen Zustand, wie während bzw. unmittelbar vor dem Tode. Bei all diesem dürfen wir nicht vergessen, dass wir auch nach dem Tode exakt dieselbe Person sind. Auch wenn sich die Umstände verändern, der Körper nicht mehr existent ist und damit die sinnlichen Wahrnehmungen sich verlieren, so scheint es doch so zu sein, dass die innere Bewusstheit über ein „Ich bin es“ dennoch erhalten bleibt. Einen gelassenen, entspannten Übergang wünschen wir uns alle. Dazu müssen wir die Barrieren erkennen, die das verhindern. Die medizinische liegt klar auf der Hand und kann palliativ behandelt werden. Die psychologische Barriere sind die Ängste und Unkenntnisse im Umgang mit dem Sterben. Ein paar Ansätze dazu sind oben erwähnt und werden weiter in folgenden Artikeln ergänzt und dargestellt.

 

Haben Sie einen entspannten Tag
Ihre Ines Sperling
Totenfrau.de