Gleich zu Beginn: über den Tod reden ist das Eine aber ihn selbst begreifen das Andere. Dabei geht es jetzt nicht darum, ihn selbst zu erleben durch das eigene Sterben, sondern erst einmal den Tod begreifen, ihn erkennen, anschauen, wahrnehmen. Es gibt nichts in unserer Gesellschaft, wovor die meisten Menschen so viel Angst haben, wie vor dem Tod.
Aber woher kommt das? Denn ist nicht der Tod, so wie auch die Geburt das natürlichste alles Dinge, und vor allem für alle Menschen in ihrer Lebensbiografie das sicherste, mit 100% iger Sicherheit eintretende Ereignis. Wer einmal geboren wurde, der wird auch wieder sterben.
An allen Ecken und Enden versuchen wir dieser Realität auszuweichen? Natürlich ist es so, dass ein junger Mensch in den meisten Fällen noch kein eigenes Interesse an diesem Thema entwickelt, es sei denn, er wurde davon betroffen. Aber wenn wir in unserem Erdenleben fortschreiten, über den Zenit unseres Lebens hinaus, auch dann beschäftigen sich die wenigsten damit. Oft höre ich das Argument: Mit dem Tod muss ich mich noch früh genug beschäftigen, wenn es so weit ist, damit muss ich mich nicht jetzt auseinandersetzten. Dabei spürt man zwischen den Zeilen die Botschaft, lass mich mit diesem Thema in Ruhe, das macht mir Angst. Ein anderes Argument zum Thema Tod hört sich so an: Vorm Tod habe ich keine Angst, nur vor dem Sterben. Aber auch dieser Sachverhalt führt nicht zu einer Handlung sich weiter zu vertiefen und Verantwortung zu übernehmen, sondern mit dem Folgeargument: Es kommt wie es kommt, da kann man eh nichts machen. Und so wird der Mensch als Opfer des Todes festgeschrieben. Ja, der Tod ist der Bösewicht, der Täter. Doch genau das vorletzte Argument hätte doch so weitreichende Folgen für uns selbst, wenn wir uns dabei zuhören würden. Vor dem Tod habe ich keine Angst, aber vor dem Sterben. Was könnte damit gemeint sein? Es wird die Opferrolle sogar noch ausgedehnt, denn der Sprecher dieser Zeilen impliziert ja, dass das Sterben ein furchtbarer Prozess ist. Doch wieso? Wieso sollte ein gesetzmäßig natürlicher Vorgang so furchtbar sein? Einschlafen am Abend z.B. ist doch auch nicht so schlimm, oder? Zumindest wenn es auf natürliche Weise passiert.
Noch dramatischer wird es, wenn wir mehr und mehr diesen Sterbeprozess mit Krankheit assoziieren. Leider kann man in der Gesellschaft genau diese Tendenz erkennen. Sterben und Krankheit gehören zusammen. Doch das ist nicht zwangsläufig so. Sterben ist keine Krankheit, Sterben ist der natürliche Prozess des Verlassens dieser Welt. Und Krankheit ist eine Abweichung von diesem natürlichen Prozess. Auch die Schwangerschaft und die Geburt werden mehr und mehr medizinisch annektiert und in diesen Kontext gehüllt. Früher gab es Hebammen, die die gesamte Schwangerschaft und Geburt begleiteten. Heute wird in den überwiegenden Fällen Geburt ins Krankenhaus, in die Obhut eines Arztes verlegt, wie die Schwangerschaftsvorsorge auch, so wie auch tendenziell der Tod zunehmend im Krankhaus stattfindet. Das scheint ein gelungener Streich unserer modernen Industriegesellschaft zu sein, natürliche Lebensprozesse zu institutionalisieren und zu monetarisieren. Lassen wir uns davon einfangen, so wird für uns das Sterben zum Problem.
Und gerade auch deshalb ist es wichtig einen Blick auf dieses Thema zu lenken, um die klare Abgrenzung zwischen Krankheit und Sterben zu erkennen, zum einen und zum anderen, eine Versuch zu wagen gesund zu bleiben und gesund zu sterben. Ja ich weiß, dass hört sich absurd und ein wenig verrückt an, doch ich denke, verrückt sind jene Vorstellungen, die uns versuchen einzureden, dass Alter mit Krankheit und Sterben auch immer die Folge von Krankheit sein muss (abgesehen von Unfällen). Und vor allem, dass wir als Opfer so wenig Einfluss haben auf all dieses Geschehen.
Also lasst uns erst einmal über den Tod und das Sterben reden. Lasst uns unsere Haltung, unsere Ängste, unsere Einstellungen und unsere Vorurteile anschauen, die sich rund um das Thema Sterben – Tod – Jenseits ranken. Und nicht zuletzt sehe ich auch die Gesellschaft in der Pflicht. Nicht nur der Einzelne hat Verantwortung und Einfluss auf die Prozesse sondern auch gesamtgesellschaftliche Haltungen und Werte spielen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Aber auch die Gesellschaft fängt bei jedem selbst an und wir sind alle Teil dieses Geschehens. Gedanken und Einstellungen beeinflussen unser Verhalten, das ist nicht nur eine Erkenntnis der heutigen Psychologie, sondern ein uraltes Wissen.
Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Worten.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.
Quelle des Zitats: Chinesisches Sprichwort
Wenn ich euch ein wenig neugierig gemacht habe, so bleibt dran und lest meinen nächsten Blogbeitrag.